StartseiteArtikelMümmler macht Sauce mit Links

Das Fleisch eines Kaninchens ist eher unspektakulär, ähnlich wie Hühnerfleisch. Doch das Kaninchen produziert mir immer mit Zuverlässigkeit eine aromatische Sauce. Wir haben Klassiker in unserem Küchenprogramm (Kaninchen in Senfsauce) und auch Rezepte unserer Vorkocher aus den Medien (Kaninchen mit Backpflaumen von Wolfram Siebeck). Aber wir haben auch ohne Vorlage einfach improvisiert. Die Sauce war immer überirdisch. Die einzige Empfehlung die ich gebe, ist es, die Aspekte „Säure“ und „Süße“ angemessen zu berücksichtigen. Bei dem heutigen Rezept verwende ich Charlotten, Balsamico, Weißwein und Sahne.

Meistens kaufen wir ein Kaninchen im Ganzen auf dem Markt. Der Händler fragt, ob er das Objekt in Stücke zerlegen soll. Ich lehne ab. Er würde ohne einen Sinn für die anatomischen Gegebenheiten wild auf den Rammler einhacken und ich habe hinterher das Nachsehen mit den Knochensplittern. Man muss das Fleisch dann sehr sorgfältig säubern und trotzdem löst sich so manches Knochenteil erst im Topf beim Garen von den Bruchstellen ab. Ich selbst gehe feinfühliger vor, doch ist es schwieriger als bei einem Hühnertorso. Die Knochen sind härter und an den Gelenkstellen sitzt alles viel fester und dichter. Beim Huhn löse ich z.B. die Bollen am Hüftgelenk. Hier, beim Kaninchen, ist es statt dessen einfacher, am Rücken von oben unter den Hüftknochen zu schneiden, und dann das Bein samt Hüfte durch Brechen vom Rückrad abzutrennen. Dann bleibt am Rücken eine fleischlose Spitze zurück. Diese breche ich ab. Ich muss aber an der gewünschten Wirbel-Bruchstelle mit dem Messer mit einer Mischung aus Schneiden und Hebeln nachhelfen. Mit der gleichen Technik nehme ich eine weitere Teilung des Rückrades vor, um Brustkorb und Rücken zu separieren. Vorher habe ich noch die Bauchlappen vom Rücken abgeschnitten. Am oberen Ende ragen die Rippen in die Bauchlappen hinein. Da mache ich den Schnitt, denn die Rippen gehören zum Brustkorb und die Bauchlappen bleiben knochenfrei. Bei kleinen Kaninchen ist es das schon. Ich steche dann die Spitzen der Vorderläufe von Außen durch den Brustkorb um die Läufe zu arretieren. Bei großen Kaninchen sollte man die Läufe aber als Einzelteile abtrennen.

Das Fleisch wird gut gesalzen und in halb Butter und halb Olivenöl angebraten. Pfeffer kann das Kaninchen immer vertragen. Am besten gestoßenen Pfeffer schon zum Anbraten hinzu tun. Dann eine handvoll Scharlotten ganz oder halbiert mit anschwitzen. Mit Balsamico ablöschen und ruhig etwas einkochen lassen. Den Weißwein aufgießen bis das Fleisch gut zur Hälfte bedeckt ist. Ich verwende für solche Gerichte einen schweren Gußeisentopf mit einem gut schließenden Deckel. Entweder gare ich auf dem Herd weiter oder ich stelle den Topf in den Backofen. Ziel ist es, dass im Topf die Hitze so ist, dass in der Flüssigkeit nur von Zeit zu Zeit ein Bläschen entsteht. So kann das vielleicht 2 Stunden köcheln. Nach einer Dreiviertelstunde wende ich das Fleisch einmal und nach einer weiteren Dreiviertelstunde noch einmal. Dann gieße ich auch schon mal ein Töpfchen Sahne an. Vielleicht reicht auch insgesamt weniger Zeit. Das Fleisch sollte sich gut vom Knochen lösen. Dann ist das Kaninchen fertig. Ich nehme das Fleisch aus der Sauce damit man diese nochmal durchrühren und abschmecken kann.

Jetzt müssen wir ein Problem ansprechen, dem man sich bewusst sein muss. Wir haben hier sehr unterschiedliche Fleischstücke im Topf. Die Hinterläufe mit dicken Fleischbrocken, Der Rücken, zart aber vielleicht etwas trocken. Dann Vorderläufe und Brustkorb die mehr Feinarbeit auf dem Teller erfordern. Und die Bauchlappen, ohne Knochen aber mit wenig Gesamtvolumen und statusmäßig eher untergeordnet. Als Gastgeber eingeladener Personen könnte man leicht überfordert sein, allen Gästen gerecht zu werden. Und mit dem Motto „die Gäste nehmen sich selbst, was Sie wollen“ überfordern man die Gäste. Wir haben Kaninchen daher bisher nur im aller engsten Familienkreis gemacht. Umgehen würde man das Problem, wenn man nur Kaninchen-Hinterläufe kauft.

Weitere Beilagen zu diesem Gericht halte ich hier für unsinnig (wie schon so oft). Also gibt es nur Baguette.

Es bleibt vielleicht etwas Fleisch übrig. Auf jeden Fall hat man noch reichlich von der Sauce. Den Fleischrest löse ich von den Knochen ab und tue die Stücke in die Sauce. Am nächsten Tag wird das aufgewärmt und mit Nudeln gegessen. Vermutlich kommt dann nochmal ein Töpfchen Sahne hinzu. Jetzt (sagen wir Montag) kann man auch einen Trupp von Spontangästen („Ihr könnt doch zum Essen bleiben“) satt bekommen. Man kocht reichlich Nudeln und die Sauce lässt sich beliebig mit Sahne und auch Wasser verlängern. Das, was am Vortag (Sonntag) im Topf geblieben ist, ist ein hochwertiges Geschmackskonzentrat.


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