Hasenschultern auf dunkle Art
Hase hatte ich noch nie. Aber ich glaube ich habe einmal einen richtigen Hasen gesehen. Auf einem Feld im Elsaß, in 500 m Entfernung. Haken schlagend. Mit „richtigen Hasen“ meine ich einen Hasen, der kein Kaninchen ist. Als moderne Menschen, deren Lebensraum durch Großstadt und Internet bestimmt ist, kennen wir wohl den Unterschied zwischen einem Restaurant und einem Bistro oder zwischen HTTP und SMTP, aber die Unterscheidung zwischen Hase und Kaninchen ist uns fremd geworden. Bei Wikipedia gibt es eine nette Seite mit einer sehr umfassenden Liste fiktionaler Tiere, also Tiere aus Geschichten in Büchern und Filmen. Auch hier werden Hasen und Kaninchen in einen gemeinsamen Topf geworfen, also in einem Unterkapitel abgehandelt. Der erste Hase meiner frühkindlichen Erinnerung ist natürlich der Osterhase und der war damals so ganz und gar nicht Kaninchen. Und dann der Hase aus dem Struwwelpeter, der dem Jäger die Flinte entwendet und gegen ihn anlegt. Die Option Rebell zu werden, war also in der Erziehung nicht grundsätzlich ausgespart. Letztlich habe ich mich aber doch auf die Seite des Jägers geschlagen: bin nicht Rebell geworden und nicht Vegetarier. Und der Hase ist in meinem Topf gelandet.
Im Topf sind jetzt zweimal vier Hasenschultern. So habe ich das aus der Tiefkühltruhe gekauft. Zwei Packungen. Da waren also mindestens vier, aber vielleicht auch acht Hasen beteiligt. Es waren passable Fleischstücke in den Abmessungen 2x5x12 cm in denen jeweils ein Schulterblatt eingebettet war. Das Hasenfleisch ist dunkel, wie anderes Wildfleisch, im Gegensatz zu Kaninchenfleisch, das hell wie Huhn ist. Trotzdem sind die Beschaffenheiten des Fleisches von Hase und Kaninchen verwandt. Was soll daraus jetzt werden? Kaninchen mache ich ja meistens auf díe „helle Art“: also Sahne und vielleicht Weißwein. Daher entschied ich mich jetzt mal für die „dunkle Art“: also Fleisch anbraten, Wurzelgemüse, Tomatenmark, Rotwein.
Das Fleisch sind vielleicht 800 g. Es wird gut gesalzen und gepfeffert und im Lieblingsschmortopf in Öl angebraten. Eine große Zwiebel, eine große Möhre und ein entsprechendes Stück Sellerie kleinschneiden und mit anschmoren. Dann zwei Eßlöffel Tomatenmark hinzugeben und weiter schmoren. Zwischendurch vielleicht einen kleinen Schuß Rotwein zugeben um den Bratensatz abzulöschen. Die Flüssigkeit aber wieder einkochen, sodass wir weiter braten und Röstaromen entstehen lassen. Außerdem kommt ein Stück Speck hinein und an Gewürzen Lorbeer, Nelken und Sternanis. Pfeffer hatten wir bereits. Schließlich hören wir auf zu rühren und zu schaben, ordnen Fleisch und Gemüse im Topf schön an und gießen mit Rotwein auf, bis das Fleisch nur leicht herausragt. Die Hitze auf die kleinste mögliche Stufe zurückschalten. Wir decken alles mit Tomatenwürfeln (eine große T. oder 2-3 kleinere) und klein geschnittenen Champignons (300 g) ab. Vorher aber einmal die Sauce probieren. Dadurch entscheidet sich, ob die Tomaten vorhandenes Salz kompensieren müssen oder ob weiteres Salz benötigt wird. Die ganze Anbraterei hat der Sauce sehr viel Schwere verliehen. Tomaten und Champignon bringen wieder Leichtigkeit hinein, ohne die Sauce zu verwässern. Deckel ‚drauf und 2 Stunden in Ruhe köcheln lassen.
Zwischendurch habe ich einmal probiert und war schon sehr zufrieden. Ich wollte dem Gericht aber eine zusätzliche eigene Komponente geben. Bis jetzt hatte ich ja nichts gemacht, was man nicht immer machen kann – mit jedem Fleisch. Also habe ich nochmal die Kochbücher durchforstet. Bei Biolek wurde ich fündig und habe aus einem Rezept die Anregung übernommen, Rosinen in Orangensaft einzuweichen und hinzuzugeben. Das brachte eine interessante süße Note hinein, die auch beim Hasen, wie schon beim Kaninchen, nicht falsch ist. Ich empfehle große Muschelnudeln dazu zu essen.
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